Aktuelles aus Prishtinë (Pristina), Mitrovica, Prizren, Prizeren, Pejë, Pec - Historisches zu Kosova und UCK
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29.05.2023

Von Kastriot Zeka Der antifaschistische Autor Max van Beveren ist zur Zeit in Albanien. Max van Beveren ist aus Oberbayern und publiziert viel zu den Verbrechen der Wehrmachtsgebirgsjäger im zweiten Weltkrieg. Wir dokumentieren seinen Text aus Albanien. “Ich war in den letzten Tagen in den albanischen Dörfern Borove und Barmash, habe Fotos gemacht und Informationen dokumentiert. Sie wurden im Juli 1943 zerstört, die Einwohner * innen teils ermordet.

Hier ein erster kurzer Blogeintrag zu den Verbrechen der Gebirgsjäger in den beiden Dörfern

 Relief am Friedhof für das Opfer des Massakers von Borove // ​​Foto: Privat

Relief am Friedhof für das Opfer des Massakers von Borove // ​​Foto: Privat .    

 


Während es über die Besatzung und die Gräueltaten der Wehrmacht, speziell ihrer Gebirgsjäger, in Griechenland bereits eine ganze Reihe verschiedener Untersuchungen gibt, sogar vor kurzem die Dokumentation "The Balcony - Memories of Occupation" (1) erschien und immer wieder die Frage nach Reparartionszahlungen an Griechenland aufgeworfen wird, übrigens schon seit 1945, wenn auch bisher vom deutschen Staat vehement abgewiesen, ist über das Nachbar*innenland Albanien nur wenig bekannt. Das wenige das bekannt ist, speißt sich zumeist aus dem wichtigen Buch "Blutiges Edelweiß. Die 1. Gebirgs-Division im Zweiten Weltkrieg" von Hermann Frank Meyer. Das Wenige aber, das er beschreibt, gibt jedoch eine Vorstellung davon, wie Gebirgsjägereinheiten zwischen Korca und Leskovik gewütet haben müssen. 

 

Im Folgenden soll ein kleiner Überblick zu den Massakern in Borove und Barmash gegeben werden. Dabei wird sich zum einen auf die Schilderungen aus dem Buch Blutiges Edelweiß berufen, zum anderen sollen eigene Eindrücke und Untersuchungen dargelegt werden. Es soll skizziert werden, was sich im Juli 1943 an der griechisch-albanischen Grenze abspielte, um eine Vorstellung davon zu erhalten

 

 

Borove und Barmash

 

Erreicht man das albanische Dorf Borove östlich von Erseka aus, so geht man zuerst an einigen wenigen Häusern und Hecken entlang, bis die Straße schließlich nach unten in den Kern des Dorfes führt. In eben jenem Kern, wiederum auf einer Erhöhung, ist ein Friedhof zu finden. Kein gewöhnlicher, sondern derjenige, der an die 107 Menschen erinnert, die am 6. Juli 1943 von Gebirgsjägern der Wehrmacht ermordet wurden, während ihr Dorf, das damals verschiedenen Angaben nach aus 100 (2)  bis 140 (3) Häusern bestand, weitestgehend zerstört wurde.

 Der Friedhof. 107 Steine für 107 Menschen. // Foto: Privat


 Vorausgegangen waren dem schwersten Massaker in Albanien zwei Ereignisse. Zum einen der Plan der Gebirgsjäger von der im nordwesten liegenden griechischen Ortschaft Florina aus, an Korca über einen 1.800 Meter hohen Paß vorbei, bis nach Leskovik zu gehen, um von dort aus wiederum nach Griechenland, in die Stadt Ioannina zu gelangen, weshalb auch vom Marsch nach Ioanninagesprochen wird. Diese rund 230 Kilometer lange Strecke sollte von rund 24.000 Soldaten in kürzester Zeit zurückgelegt werden, da man dort eine baldige alliierte Landung erwartete. Um die Lage zu erkundschaften, wurde eine Vorausabteilung eingesetzt. Zum anderen war es diese Vorausabteilung die, nachdem sie das Dorf Borove schon durchquert hatte, von Partisan*inneneinheiten angegriffen wurde (4). Dieser Angriff konnte jedoch mit italienischer Hilfe zurückgeschlagen werden. Im Gegensatz zu einer Tafel, die unterhalb des Partisan*innendenkmals bei Barmash angebracht wurde und an den ersten Widerstand Albaniens gegen den deutschen Faschismus erinnert, wurden jedoch keine 60 Deutschen Soldaten während dieses Gefechts getötet (5), sondern lediglich vier leicht verletzt, wie Meyer herausfand (6). 

Trotz allem sollte dieser Partisan*innenangriff gerächt werden, weshalb nach den Kampfhandlungen mit den Partisan*innen, wie bereits dargestellt, zuerst das Dorf Borove vernichtet wurde.Viele seiner rund 500 damaligen Einwohner*innen waren zu diesem Zeitpunkt in der benachbarten Ortschaft Erseke, um ihrer Arbeit nachzugehen. Dem Massaker hätte demnach noch viel mehr unschuldige Menschen treffen können, als es ohnehin schon der Fall schon waren.

Heute erinnert ein kleiner Friedhof an das Massaker von 1943, auf welchem jedes Jahr am 6. Juli eine Gedenkfeier abgehalten wird. Er ist rundlich angelegt und enthält drei Reliefe. Zwei davon zeigen die Einwohner*innen von Borove mit traurigen und hilflosen Gesten (siehe erstes Foto und Fotos unten), das dritte zeigt eine Gruppe von rund zehn Wehrmachtssoldaten, die Gewehre und Messer in der Hand halten (siehe Bild unten). Es soll die Situation während des Massakers darstellen. Auffällig ist, dass die 107 Gedenksteine in 18 Kreisen angelegt sind. Bei genauerer Untersuchung zeigt sich, dass es sich dabei teils um ganze Familien handelt, die ermordet wurden. So gibt es unter anderem sieben Steine innerhalb eines Kreises, die an die Familie Petro erinnern und sechs Steine für die Familie Zguri. Auf den Steinen selbst sind neben den Namen auch die jeweiligen Geburtsjahre der ermordeten Menschen zu lesen. Sie reichen von 1870 bis 1943, was deutlich zeigt, dass die Gebirgsjäger also nicht nur alte Menschen, sondern auch Säuglinge töteten.

Rund acht Kilometer weiter befindet sich das Dorf Barmash, an einem Hang, mit weitem Blick über das davor liegende Tal. Dort wurden wenige Tage später acht Zivilist*innen ermordet, die es nicht mehr schafften rechtzeitig zu fliehen. Ebenso wie in Borove brannten Gebirgsjäger auch dort alles nieder (7).


Massaker in Albanien, Ehrung in Oberbayern 

Teil der bereits erwähnten Vorausabteilung waren auch die 11., 12. und 13. Kompanie des III. Bataillons/Gebirgsjägerregiment 98 (8). Diese Einheiten sollten insbesondere nach dem Einmarsch in Albanien durch besonders brutale und grausame Vorgehensweisen in Griechenland hervortreten. So ermordete unteranderem die 13./III. am 16. August 1943 rund 317 in der griechischen Ortschaft Kommeno und zerstörte das gesamte Dorf, um nur ein weiteres Massaker von vielen zu nennen.
Aufgestellt wurde dieses III. Bataillon 1938 in Mittenwald, der Ort, an dem bis heute alljährlich die sogenannte Brendtenfeier der Gebirgsjäger ausgetragen wird. Neben Soldat*innen der Gebirgstruppe der Bundeswehr und den Soldaten des Alpenkorps aus dem Ersten Weltkrieg, gedenkt man dort nach wie vor der Gebirgsjäger der Wehrmacht, derjenigen Truppe, die im Zweiten Weltkrieg an allen Fronten für grausame Verbrechen verantwortlich war. Bis heute aber tut man sich im Kameradenkreis der Gebirgstruppe schwer, diese Verbrechen öffentlich anzuerkennen, wie die Brendtenfeier 2019 erneut deutlich zeigte.
Ein ausführlicher Artikel zur Bredntenfeier 2019 kann hier nachgelesen werden.

Weitere Fotos aus Borove und Barmash 

Relief am Eingang des Friedhofes. Es zeigt die verzweifelten Einwohner*innen Boroves. // Foto: Privat.

 



 

 
Tafel am Partisan*innendenkmal bei Barmash. // Foto: Privat.
 
 
Das Partisan * innendenkmal bei Barmash. // Foto: Privat .