Aktuelles aus Prishtinë (Pristina), Mitrovica, Prizren, Prizeren, Pejë, Pec - Historisches zu Kosova und UCK
13:36
20.03.2023
Die Kosova- Frage steht wieder im Fokus der internationalen Diplomatie. Der „Kosovo Vorschlag“ des UN-Vermittlers Ahtissari ist eindeutig gegen die Souveränität Kosovas gerichtet. Dennoch ertönt aus Beograd chauvinistisches Gebell, insbesondere Russland unterstützt dieses Gekläffe. Im Westen mehren sich die Stimmen den Belgrader Chauvinisten noch weiter entgegenzukommen.

 Immer wieder ist die Rede davon „Serbien nicht zu verprellen“ und ihm eine EU-Perspektive anzubieten. Einige Debatten in Kosova erklären sich diese Vorgänge äußerst unzureichend. Meist wird nur verdutzt, die angeblich „proserbische Orientierung“ bestimmter Staaten beklagt. In Wahrheit geht es um nackte ökonomische Interessen. Die neoliberale Politik welche in Beograd zugunsten westlicher und russischer Investoren gefahren wird, entspricht den Interessen nach privater Kapitalverwertung, gemäß der global geltenden Wirtschaftsdoktrin.

Serbiens geo-strategische Lage

Serbien ist ein wichtiges Transitland im Verkehr von Ungarn/Ostmitteleuropa nach Griechenland, Bulgarien, Mazedonien, Albanien und Kleinasien.

Alle wichtigen Verkehrswege Südosteuropas kreuzen sich in Serbien. Das Straßennetz ist insgesamt 45.290 km lang, wovon 2/3 asphaltiert sind. Serbien besitzt 422 mautpflichtige Autobahnkilometer und 213 km mautpflichtige Halbautobahnen. Das Straßennetz beinhaltet 2.638 Brücken und 78 Tunnels, von denen jedoch nur sehr wenige beleuchtet sind.

Die serbische Eisenbahn betreibt Verbindungen von Belgrad nach Bar, Thessaloniki, Istanbul und in die EU-Länder. Serbien besitzt 3.809 km Eisenbahnstrecken. 1.364 km davon sind elektrifiziert.

An der Donau, Save und Theiß gibt es viele Flusshäfen, die auch neuerdings eine touristische Route bedienen. Über die Donau gibt es eine Wasserverbindung zum Schwarzen Meer. Entlang der Donau befinden sich einige Schiffswerften.

Für den Flugverkehr spielt der internationale Flughafen „Nikola Tesla“ am westlichen Stadtrand von Belgrad die wichtigste Rolle. Daneben gibt es noch den internationalen Flughafen „Konstantin Veliki“ in Niš.Ein weiterer ziviler Flughafen entsteht seit Sommer 2006 durch den Umbau eines ehemaligen Militärflughafens bei Užice.

Wirtschaft

Das Bruttoinlandsprodukt Serbiens sank von 1990 bis 2001 wegen des wegbrechenden Inlandsmarkts durch die Auflösung Jugoslawiens, wegen der Sanktionen im Zusammenhang mit den Jugoslawienkriegen sowie wegen der NATO-Angriffe während des Kosovo-Kriegs von 1999 um die Hälfte.

Serbien erhielt im Jahr 2006 über 4 Milliarden Euro Direktinvestitionen (2005 ca. 1,5 Mrd €), die auch zum Teil aus den Privatisierungen des Bankenwesens und anderer staatlicher Betriebe entsprangen. Die meisten ausländischen Direktinvestitionen kamen dabei aus Deutschland, Österreich und Russland. ( Siehe Fischer Weltalmanach 2007) Die Privatisierung der staatlichen Betriebe sollte mehrheitlich bis Ende 2006 abgeschlossen sein.

Das Außenhandelsbilanzdefizit stieg im Vergleich zu 2005 um knapp 11%. Die Exporte stiegen 2006 um 41,4% und betrugen 5.102,4 Mio. Euro; die Importe betrugen 10.462,6 Mio. Euro, was einer Steigerung von 24% entspricht.

Der durchschnittliche Nettolohn in Serbien beträgt ca. 350 Euro (Stand: Januar 2007). Die Inflation lag 2005 bei 16,9 % und sank 2006 deutlich auf 6,6 %. Die Arbeitslosenquote beträgt etwa 20 % ( Diese offizielle Zahl stellt eine Untertreibung dar).

Die Einnahmen durch den Tourismus sind auf 400 Mio Dollar gestiegen und der Standortvorteil aus geo-strategischer Sicht (Serbien hat sieben Nachbarländer) zieht ausländische Firmen an. Serbiens Mitgliedschaft in der CEFTA und ein Freihandelsabkommen mit der Russischen Föderation sollen 2007 in Kraft treten. Serbien ist Mitglied der Schwarzmeer-Wirtschaftskooperation. In einem Mitte September 2005 veröffentlichten Bericht der Weltbank wird Serbien und Montenegro als führendes Reformland im Bereich der Entwicklungsförderung von Unternehmen und Schaffung von Arbeitsplätzen bezeichnet. Dies lässt sich auch anhand der immer zahlreicheren Joint-Ventures mit ausländischen Unternehmen belegen.

Serbien gehört auch zu den Ländern, die eine Einheitssteuer (flat tax) eingeführt haben.

Die Einkommensteuer wird zweistufig erhoben: während des Jahres werden die einzelnen Einkunftsarten getrennt besteuert, z. B. Lohnsteuer 14%, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 20%. Am Jahresende wird der Gesamtbetrag der Einkünfte (= Einkommen) ermittelt. Das Einkommen wird nochmals mit einem Pauschalsteuersatz von 10 % zusätzlich besteuert, sofern es einen festgelegten Freibetrag (derzeit 300.000 Dinar) übersteigt.

Die Körperschaftsteuer liegt pauschal bei 10 %. Die Körperschaftssteuer ist die wichtigste Steuer für Kapitalgesellschaften. Der Satz von 10% ist extrem niedrig, er begünstigt Kapitalgesellschaften und nimmt dem Staat Mittel um Sozialleistungen zu finanzieren.

Die Bedeutung des Chauvinismus

In Serbien verarmen die Masse der Menschen durch den neoliberalen Wirtschaftskurs zunehmend. Dennoch gibt es nur schwache Ansätze für sozialen Widerstand in Serbien. Der entscheidende Hebel um die Arbeiter und kleinen Bauern bei der Stange der privilegierten neoliberalen Clique in Belgrad zu halten, ist der Chauvinismus in der Kosova Frage. Dies weiß auch der westliche und russische Investor, er weiß, dass der Chauvinismus sozialen Widerstand blockiert. Aus diesem Grund wird mit der Belgrader Clique gekungelt. Für die Menschen in Kosova ist es wichtig zu betonen, dass ihr Kampf für Unabhängigkeit letztendlich auch für die Massen in Serbien die Chance enthält, sich endlich auf ihre eigentlichen sozialen und demokratischen Interessen zu besinnen. Der „ Amselfeld- Mythos“ hindert sie daran entscheidend. Ebenso ist es für die Mehrheit der Menschen in Kosova wichtig sich nicht einfach unter ein EU- Protektorat zu begeben. Denn ein Protektorat hat nichts mit Unabhängigkeit und Freiheit gemein. Außerdem stellt sich im gesamten Europa momentan die Frage, will man ein neoliberales kapitalistisch strukturiertes Europa, oder ein demokratisches Europa mit sozialer Gerechtigkeit. Diese Frage stellt sich in jedem Land Europas, die neoliberale EU- Verfassung wurde z.b. in Frankreich abgelehnt. In Europa gibt es sozialen Widerstand gegen die neo- kapitalistischen Grausamkeiten. Kosova benötigt völlige Souveränität, aber auch eine Orientierung hin zu den progressiven sozialen und demokratischen Bewegungen in Europa und auf dem Balkan. Die Unterwürfigkeit der albanischen „ Verhandlungsdelegation“ gegenüber einem EU- Protektorat in Kosova, läßt sich vor allem auch dadurch erklären, dass diese Herrschaften sich keinerlei ernsthafte Gedanken um die soziale Perspektive Kosovas machen. Ein ernsthafter Blick auf die soziale Lebensrealität in Kosova müsste jedoch hinreichend belegen, dass die Menschen neben dem Recht auf Unabhängigkeit soziale Sicherheit benötigen. Ein einfaches Geschwätz über die „Notwendigkeit sich in die EU zu integrieren“ ist hierbei mehr als kontraproduktiv, wenn man sich nur kurz die Entwicklungen in den neuen Mitgliedsländern der EU vor Augen führt. Überall wächst die soziale Kluft zwischen Arm und Reich, dies kann keine lohnenswerte Perspektive sein.